Lektionen aus Lateinamerika

In den fünf Jahren, seit wir in Lateinamerika tätig sind, hat sich das Netzwerk unserer Kundinnen und Kooperationspartnerinnen beträchtlich vergrößert und ebenso unser Projektportfolio. In dieser Woche besuchen wir die Expo Real Estate Chile und freuen uns Begegnungen mit einigen der innovativsten Unternehmen der Branche. Dabei möchten wir die sich abzeichnenden Trends im lateinamerikanischen Markt diskutieren und herausfinden, wie wir unser internationales Wissen nutzen können, um diesen wachsenden Markt zu unterstützen.

Wir sprachen mit der Direktorin Eva Diego über die Erfahrungen, die sie in Lateinamerika gesammelt hat …

Hyphen arbeitet für viele internationale Marken weltweit. Worin liegt der Unterschied bei der Arbeit in Lateinamerika?

Der Bau von Großprojekten und Infrastrukturen ist ähnlich, aber mittelgroße bis kleine Projekte sind im Vergleich zu anderen mit einem höheren Arbeitsaufwand verbunden.

Geschäfte werden in einem anderen Tempo abgewickelt. Dies hat auch einen Einfluss auf die Geschwindigkeit, in der Projekte konzipiert und errichtet werden. Entscheidungen werden oft kurzfristig getroffen, was dazu führen kann, dass sich längerfristige Projekte langsamer entwickeln. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, abhängig vom jeweiligen Land und der Branche.

Die Aufgaben im Planungs- und Bauprozess sind ebenfalls je nach Land unterschiedlich.

Worin liegen für Sie als Architektin die Hauptunterschiede, die Sie bei Ihrer Arbeit in verschiedenen Ländern in Lateinamerika erlebt haben?

Obwohl es immer Ähnlichkeiten gibt, gibt es auch Besonderheiten im Planungs- und Bauprozess, der jedes Land besonders macht.

  • In Chile ist das Baustellenmanagement üblicherweise eine Aufgabe im Team des Generalunternehmens, und Beraterinnen werden gebeten, Fragen zu beantworten und Konflikte sehr schnell zu lösen. Eine besondere Aufgabe des Projektmanagements namens ITO (Technische Baustelleninspektion), ist eine Besonderheit im Bauprozess in Chile.
  • Mexiko hat sowohl bei der Planung als auch beim Bau eine ähnliche Vorgehensweise wie die Vereinigten Staaten und der Handelsvertrag sichert ein großes Angebot an lokalen Lieferanten überall in Mexiko. Die architektonische Planung geht ins Detail, wobei das Gebäudetechnik-Design üblicherweise bis zu Schemazeichnungen entwickelt wird und dann vom Generalunternehmen, da es Eigentümer der Baustelle ist, umgesetzt wird.
  • In Uruguay und Ecuador ist es nicht ungewöhnlich, die Planung und Ausführung aus einer Hand machen zu lassen. Das ist auch in Großbritannien sehr beliebt. In südeuropäischen Ländern wie Spanien und Italien ist es aufgrund von Gesetzgebungen über die Zuständigkeit und Haftung von Fachplaner*innen jedoch eher unüblich.
  • In Brasilien hat die hohe Importsteuer zu einem Boom gut entwickelter industrieller Hersteller*innen geführt, die in ganz Lateinamerika Qualitätsprodukte vertreiben.

Was sind deiner Erfahrung nach die größten Herausforderungen, denen internationale Unternehmen und Bauunternehmer bei ihrer Arbeit in Lateinamerika begegnen?

Als Entwicklungsregion mit guten langfristigen Perspektiven und zunehmender Stabilität gehören zu den zentralen Herausforderungen für internationale Unternehmen:

  • Die Kenntnis der örtlichen Vorschriften und Vorlaufzeiten, bis Genehmigungen erteilt werden – es gibt große Unterschiede, abhängig von der Art des Projektes und dem Standort.
  • Gute Kommunikation mit den technischen Teams – zum Beispiel zur Verwaltung von Zeitplänen, Budgets oder der Gesamtqualität – und gleichzeitig die notwendige Berichterstattung, die internationale Unternehmen benötigen.
  • Beschaffung lokaler Produkte, die ihren Spezifikationen entsprechen, und Aufbau guter Beschaffungsprozesse mit Unternehmen, die ihren Bedürfnissen am besten entsprechen.
  • Berater mit Spezialkenntnissen zu finden, kann in Lateinamerika länger dauern und teurer sein als anderswo.


Welche Innovationen werden deiner Erwartung nach zukünftig den lateinamerikanischen Immobilienmarkt definieren?

Die Logistik ist wegen der riesigen Geographie der Schlüssel zu der Region. Der fortlaufende, digitale Wandel in allen Branchen muss durch ein weitreichendes und effizientes Lieferkettennetzwerk unterstützt werden.

Künftig werden wir wahrscheinlich die Umsetzung neuer (und effizienterer) Prozesse sowie eine neue Technologie für die Planung, den Bau und die Vermögensverwaltung erleben. Alle sind für ein nachhaltiges Wachstum der Immobilienbranche von entscheidender Bedeutung.

 

Aktuelle aufsichtsrechtliche Veränderungen in Chile haben der Verwendung der Gebäudedatenmodellierung, auch als BIM bekannt, bei Projekten der öffentlichen Hand Auftrieb gegeben. Wie versetzt BIM kommerzielle Entwicklungsgesellschaften in die Lage, in ihrem Portfolio effizienter zu sein?

Es ermöglicht eine vollständige Koordinierung der verschiedenen Bevollmächtigten in der Phase vor dem Baubeginn, aber auch in vielen anderen Bereichen: Zum Beispiel durch die Umsetzung kundenspezifischer Informationen vor Planungsbeginn, COBie-Codes (Construction Operations Building Information Exchange), genaue Leistungsverzeichnisse sowie ein effizientes Beschaffungs- und Nachtragsmanagement.

Für uns als Architektinnen kann es die Wirtschaftlichkeit steigern und die Qualität durch eine Automatisierung einiger Teile des Planungsprozesses verbessern. Kooperationsplattformen ermöglichen integrierte Beiträge und eine optimale Kontrolle durch unterschiedliche Bevollmächtigte, darunter auch das Team des Bauunternehmens.


Was sind die wichtigsten Dinge, die Hyphen aus der Zusammenarbeit mit Bauunternehmern gelernt hat und die in Lateinamerika angewendet werden könnten?

Zusammengefasst:

  1. Die Wirtschaftlichkeit, die durch den Planungs- und Bauprozess mit Hilfe von BIM erzielt werden können.
  2. Die Notwendigkeit, das traditionelle Projektteam und die Vertragsbedingungen auf neue, kollaborativere Arbeitsweisen umzustellen (um einen ständigen Kommunikationsfluss zwischen den beteiligten Teams zu gewährleisten).
  3. Ein proaktiverer Ansatz zur Problemlösung (anstatt auf Probleme in Echtzeit zu reagieren).
  4. Ein ganzheitlicherer Ansatz an die Planung und die Nachhaltigkeit.

 

Und was können umgekehrt europäische Marken bzw. Bauunternehmer von Lateinamerika lernen?

Die digitale und technische Mentalität. Die Integration der Technologie in tägliche Aktivitäten ist in Lateinamerika besonders ausgeprägt. Daher fand in gewisser Wiese ein Sprung vorwärts in der Art und Weise statt, wie die Menschen die Technologie nutzen.

Die Neugier, was anderswo in der Welt geschieht. Europa, Asien und die Vereinigten Staaten sind zuweilen sehr selbstzentriert und vergessen, wie wichtig es ist, zu beobachten und zu erfahren, was andere tun, da dies ihre eigene Entwicklung fördern kann.

 

Setzen Sie sich mit Eva und Francisco, dem Leiter des Büros in Santiago, auf der Expo Real Estate Chile oder auf LinkedIn Eva DiegoMatias Menichetti in Kontakt.